55 Zentimeter Neuschnee auf dem Flüelapass gemäss Curdin vom Hospiz Flüelapapass. . (BildFlüelapass Hospitz)

Am 14. September 2024 wurden auf dem Flüelapass 55 cm Neuschnee gemessen. Dieser frühzeitige Schneefall wirft Fragen auf: Ist es normal, dass der Flüelapass so viel Schnee in einer so frühen Jahreszeit erhält? Durch seine geografische Lage, meteorologischen Bedingungen und sein einzigartiges Mikroklima ist der Flüelapass bekannt für seine aussergewöhnlichen Schneemengen. Doch dieser plötzliche Wintereinbruch überrascht selbst Kenner der Region.

Der Flüelapass ist einer der höchsten und beeindruckendsten Alpenpässe der Schweiz. Er verbindet die Städte Davos und Susch im Kanton Graubünden und liegt auf einer Höhe von 2.383 Metern über dem Meeresspiegel. Während der Wintermonate ist dieser Pass oft ein Paradies für Schneeliebhaber und Wintersportler, was vor allem an den extremen Schneemengen liegt, die hier fallen. Ein besonderes Beispiel dafür ist der 14. September 2024, als ungewöhnliche 55 cm Neuschnee gemessen wurden. Doch ist das normal? Um diese Frage zu beantworten, werfen wir einen detaillierten Blick auf die geographischen, meteorologischen und klimatischen Faktoren, die den Flüelapass zu einem der schneereichsten Orte in den Alpen machen.

1. Geographische Lage und Höhe

Der Flüelapass liegt inmitten der Alpen und ist von hohen Gipfeln umgeben, darunter der Flüela Wisshorn (3.085 m) und der Flüela Schwarzhorn (3.146 m). Diese Höhenlage ist ein entscheidender Faktor für den hohen Schneefall. Mit seiner Passhöhe von 2.383 Metern befindet sich der Flüelapass in einer Zone, in der die Temperaturen das ganze Jahr über niedrig bleiben, insbesondere in den Wintermonaten. Die ungewöhnliche Schneemenge am 14. September 2024 ist ein Phänomen, das durch die bereits winterlichen Bedingungen in dieser Höhe begünstigt wurde. Bereits ab einer Höhe von 1.500 Metern sinkt die Schneefallgrenze oft unter die Temperaturgrenze, bei der Schnee anstelle von Regen fällt. Am Flüelapass ist diese Grenze im Herbst schnell erreicht, was zu frühen Schneefällen führen kann.

2. Meteorologische Bedingungen

Die meteorologischen Bedingungen spielten eine entscheidende Rolle beim Schneefall am 14. September 2024. Die Alpen fungieren als Barriere für die vorherrschenden West- und Nordwestwinde, die feuchte Luft aus dem Atlantik mit sich bringen. Wenn diese feuchte Luft auf die Alpen trifft, wird sie gezwungen, aufzusteigen. Beim Aufstieg kühlt sich die Luft ab und verliert ihre Fähigkeit, Feuchtigkeit zu halten, was zu Niederschlag in Form von Schnee führt. Am besagten Datum führte eine ungewöhnlich starke Kaltfront aus Nordwesten dazu, dass die Schneefallgrenze auf erstaunlich niedrige Höhen sank. Dadurch konnte sich auf dem Flüelapass eine erhebliche Menge Neuschnee ansammeln.

Der sogenannte „Staueffekt“ spielt in solchen Situationen eine wichtige Rolle. Die Wolken, die sich vor den Alpen stauen, geben ihre Feuchtigkeit als Schnee ab, bevor sie über die Berge gelangen. Da der Flüelapass in einer Zone liegt, in der dieser Staueffekt sehr ausgeprägt ist, erhielt er an diesem Tag aussergewöhnlich viel Schnee.

3. Lokales Mikroklima

Der Flüelapass besitzt ein eigenes Mikroklima, das durch die umliegenden Berge und Täler beeinflusst wird. Die enge Schlucht des Flüelatals und die hohen Berge tragen zur Ansammlung kalter Luft bei, die selbst im frühen Herbst nur schwer entweichen kann. Die kalte Luftschicht blieb am 14. September 2024 stationär und verhinderte, dass wärmere Luftmassen eindringen konnten. Dies führte dazu, dass die gefallene Feuchtigkeit sofort in Form von Schnee niederging. Die lokale Topographie sorgt auch dafür, dass sich der Schnee länger hält, wodurch der Flüelapass oft eine der ersten Regionen ist, die vom Schnee betroffen sind, selbst zu ungewöhnlich frühen Zeiten.

4. Normalität des frühen Schneefalls

Schneefälle auf dem Flüelapass sind bereits im September keine Seltenheit, aber 55 cm Neuschnee in dieser Jahreszeit sind durchaus bemerkenswert. Derartige Schneemengen deuten auf eine besonders starke Kaltfront hin, die eine massive Abkühlung und erhebliche Niederschlagsmengen mit sich brachte. Solche Ereignisse sind selten, aber nicht beispiellos. Historische Wetterdaten zeigen, dass es in den Alpen immer wieder zu frühen Wintereinbrüchen kommt, besonders in Höhenlagen wie dem Flüelapass. Daher kann man sagen, dass der Schneefall am 14. September 2024 zwar aussergewöhnlich, aber nicht völlig ungewöhnlich ist.

5. Klimawandel und seine Auswirkungen

Interessanterweise bleibt der Flüelapass trotz des globalen Klimawandels ein schneesicheres Gebiet. Während in niedrigeren Lagen die Schneefallgrenze steigt und die Winter milder werden, sorgt die hohe Lage des Flüelapasses dafür, dass er weiterhin grosse Mengen an Schnee empfängt. Der frühe Schneefall im September 2024 könnte im Kontext der grösseren Schwankungen des globalen Klimas stehen. Während der Klimawandel allgemein zu milderen Wintern führen kann, zeigen Extremwetterereignisse, wie dieser frühe Schneefall, die Komplexität der klimatischen Veränderungen.

6. Wintersperre und Lawinengefahr

Die grosse Schneemenge auf dem Flüelapass hat auch praktische Konsequenzen. Der frühe Schnee vom 14. September 2024 könnte dazu führen, dass die Wintersperre des Passes früher als üblich beginnt. In der Regel ist der Pass von November bis Mai wegen der extremen Wetterbedingungen geschlossen. Während dieser Zeit sind die Strassen oft tief verschneit, und die Lawinengefahr ist hoch. Der Flüelapass liegt in einer Zone, in der sich Lawinen aufgrund der steilen Hänge und der grossen Schneemengen leicht lösen können. Lawinenschutzmassnahmen sind daher unerlässlich, um die Strassse in den schneefreien Monaten sicher zu halten.

7. Einfluss auf Tourismus und Verkehr

Der Flüelapass hat auch eine wichtige Bedeutung für den Tourismus und den Verkehr in der Region. Der frühe Schneefall im September 2024 könnte ein Indikator für einen besonders schneereichen Winter sein, was sowohl Wintersportbegeisterte als auch lokale Tourismusbetriebe freuen dürfte. Allerdings bedeutet dies auch, dass die Vorbereitungen für den Winterverkehr und die Wintersperre früher beginnen müssen. Während der Sommermonate ist der Pass ein beliebtes Ziel für Motorradfahrer, Wanderer und Naturliebhaber. Im Winter hingegen zieht er Skitourengeher und Schneeschuhwanderer an, die die unberührte Schneelandschaft geniessen.

8. Fazit

Der Flüelapass ist ein faszinierendes Beispiel dafür, wie geografische, meteorologische und klimatische Faktoren zusammenwirken, um ein Gebiet mit aussergewöhnlichen Schneemengen zu schaffen. Die 55 cm Neuschnee am 14. September 2024 sind ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie die Natur selbst zu ungewöhnlichen Zeiten grosse Schneemengen produzieren kann. Die Höhe des Passes, die topografische Lage, die meteorologischen Bedingungen und das lokale Mikroklima machen ihn zu einem der schneereichsten Pässe in den Alpen. Trotz der Herausforderungen, die der viele Schnee mit sich bringt, bleibt der Flüelapass ein wichtiges Naturphänomen und ein beliebtes Ziel für Schneeliebhaber und Abenteurer. Er zeigt uns, wie beeindruckend die Natur sein kann und wie wichtig es ist, ihre Dynamik und Veränderlichkeit zu verstehen, insbesondere in Zeiten des Klimawandels.

Obwohl die Wintersperre die Überquerung des Passes in den kalten Monaten verhindert, bleibt der Flüelapass ein Symbol für die majestätische Schneelandschaft der Alpen und ein Beweis dafür, wie Wetter und Geografie ein Gebiet prägen können. Der frühe Schneefall von 55 cm zeigt, dass der Flüelapass auch weiterhin eine der schneereichsten Regionen in den Alpen bleibt.